Die Chemie stimmt

Ein Luftkurort im Chemiedreieck. Das klingt im ersten Moment absurd. Doch die Chemie stimmt. Diesen Eindruck bestätigt auch die 5. Sachsen-Anhaltische Landesgartenschau in Bad Dürrenberg.

Vom neuen Aussichtspunkt neben dem Kaffeehaus im Kurpark eröffnen sich ein reizvoller Blick auf die Saale und ein weites Panorama übers Land. Fast zum Greifen nah wirkt die Skyline der Firmen auf dem einstigen Terrain der legendären Leunawerke.

Unmittelbar nördlich davon schließt sich Schkopau an, wo der US-Chemieriese Dow große Geschichte fortschreibt. 1897 in Midland im Bundesstaat Michigan von Herbert Henry Dow (1866-1930) gegründet, stieg das Unternehmen zu einem der weltweit größten Chlorproduzenten auf.

Chlor ist ein Grundstoff für die Kunststoffherstellung und wird durch die Aufspaltung von Salz gewonnen. Und zur Förderung dieses Salzes setzte Dow in seinen Anfängen auf Sole …
Das passt perfekt zum imposanten Gradierwerk im Kurpark von Bad Dürrenberg, durch das Sole so weit angereichert wird, dass sich daraus schließlich Salz sieden lässt. Hier treffen Unternehmens- und Stadtgeschichte in außergewöhnlicher Weise zusammen, denn großzügige Zuwendungen von Dow halfen dabei, dieses Industriedenkmal vor dem Verfall zu retten und sogar wiederzubeleben.

Die Leunawerke wurden 1916 von der BASF aus Ludwigshafen gegründet und nahmen im Frühjahr 1917 unter der Leitung des Nobelpreisträgers Carl Bosch (1874-1940), eines Neffen des Industriellen Robert Bosch (1861-1942), die Produktion auf. Der junge Bosch hatte in Leipzig Chemie studiert und ließ sich dort tiefgründig durch den Nobelpreisträger Wilhelm Ostwald (1853-1932) beeinflussen.

Der älteste Bad Dürrenberger Ortsteil Keuschberg wurde 993 erstmals urkundlich erwähnt. 1930 entstand durch den Zusammenschluss mehrerer Ortschaften die Großgemeinde Dürrenberg, 1946 folgten die Stadtrechte. Schon während der Weimarer Republik in den 1920er Jahren informierte das Bäder-Adressbuch über das Solbad und warb für den Aufenthalt in mit Salz durchtränkter Luft.

1935, als die umliegende Industrie massiv und zunehmend Rauchzeichen gab, wurde dem Luftkurort das Prädikat Bad verliehen … Möglicherweise begünstigt durch mächtige Einflussnehmer wie die Leunawerke und einem damit verbundenen Marketing-Coup: Wo ein Luftkurort das Wohl der Menschen fördert, kann es um die Qualität der Luft nicht so schlecht stehen …

In Leipzig führte die ungehemmte Industrialisierung wie in jeder Großstadt zu einer Vielzahl von Atemwegserkrankungen. Gerade Kinder wurden deshalb zur Linderung und Genesung nach Bad Dürrenberg geschickt. Diese Verbindung hält bis heute, was auch die hohen Besuchszahlen von Gästen aus Leipzig bei der 5. Sachsen-Anhaltischen Landesgartenschau belegen.
Das noch bis Mitte Oktober laufende Spektakel gibt der ohnehin schon herausragenden Bedeutung des Kurparks von Bad Dürrenberg nochmals einen mächtigen Schub, was auch von ortsansässigen und regionalen Unternehmen und Verbänden durch Teilnahme und Unterstützung gewürdigt wird.

Hier wird in zentraler Lage ein starkes Stück Mitteldeutschland mit den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen unmittelbar greifbar und schafft aus der Vereinigung von Tradition und Gegenwart hoffnungsvolle Verbindungen in die Zukunft. Auch da stimmt die Chemie.

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